Ein poetisches Grabmal für Ulrike Keilpflug

Der Wels

Schwer sein und doch leicht über dem welligen Grund

schwimmend fast schwebend stille stehen.

Die Welt sehe ich im Strome über mir fließend vorübergehen,

Häuser, Bäume, Mensch und Tier in mäandernder Spiegelung.

Wes ich auch bedarf, der Fluss, der generöse, trägt's mir zu.

Würmer, Insekten, Krebse, hin und wieder ein unbedarft kleiner Fisch,

so mangelt es an nichts, reichhaltig gedeckt im Schwemmland mein Tisch.

Doch meinem Bedarf zum Trotz leb ich in Fried' und Ruh.

Einst ging ich mit dem Strome über weite Strecken,

dann aber rieb vermessen ich meine Kraft an seiner auf,

schwamm verbissen eine Weile gegen seinen ewig gleichen Lauf,

doch der immer Stetige, ließ Demut mich zuerst und dann die Lieb' entdecken.

Schließlich gewährte er mir meinen eigenen Deltaarm,

und meinen Platz hier, geschützt zwischen Schilf und Geschiebe.

Hier lebe ich nun allein, weit ab von jeglichem Schwarm.

Hier bin ich fast eins mit ihm, den ich so brauch, den ich so liebe.

Wenn meine Kräfte dereinst meinem Leib entfliehen,

die jetzt immer noch dürstend von meinem Strome zehren,

werd ich nicht ängstlich seinem Griffe wehren,

sondern mit ihm gemeinsam willig dem Meere entgegen ziehen.